Lutz, das Lipom

Du bist mir fast schon ein Freund. Auf jeden Fall bist Du ein guter Lebensgefährte. Seit 2004 kenne ich Dich jetzt, Du warst immer bei mir – ob ich nun wollte oder nicht. Heute gibt es kein Zurück mehr: Du wirst verschwinden, Du musst weg: Lutz – mein Lipom. Denn Du bist  zwar ein gutartiger, aber doch immerhin ein Tumor, der sich an meinem Unterarm gebildet hat.

Da liege ich jetzt also auf der Behandlungsliege und bekomme eine örtliche Betäubung. Es tut gar nicht weh. Die durchsichtige Flüssigkeit, die sich da ihren Weg in meinen Unterarm sucht, könnte ungefährlicher nicht aussehen.Ein seltsames, irgendwie lustiges Taubheitsgefühl durchzieht die Stelle um Dich, Lutz. Ich liege auf dem Rücken und habe den linken Arm im 90-Grad-Winkel auf dem Bauch liegen. Mit der rechten Hand stabilisiere ich ihn, damit er nicht immer an die Seite wegrutscht. Mir ist mulmig, als er der Arzt seinen mintgrünen OP-Schutz vor den Mund bindet und sich eine leuchtend grüne Kappe aufsetzt. Dann legt er eine sterile Decke auf mich. „Normalerweise mag ich grün“, sage ich schnell.

„So, jetzt geht es los“, verkündet der Arzt und hat auch schon das kleine Skalpell in der Hand. Ein Skalpell ist ein Messer, wird mir immer klarer. Jetzt ist mir erst recht mulmig. Aber ich denke mir nur: Gleich ist es überstanden, Du hast überhaupt nichts zu befürchten, Du bekommst ja nicht einmal etwas davon mit. (Und dann denke ich noch: Oh mein Gooooooott!! Aber das lasse ich weder Arzt noch Schwester spüren.)

Ich schaue einfach weg, in Richtig Decke, weil ich woanders nicht hinschauen kann – und irgendwie auch gar nicht möchte. Oben hängt eine Leuchte. Eine Leuchte … in der ich mich spiegele! Vor allem aber mein sich gerade unter Beschnitt befindender Arm! Ich kann nicht wegschauen! Ich sehe, wie der Arzt den ersten und einzigen  Schnitt tut. Es blutet gar nicht sehr. Wird mir da jetzt übel? Ich beschließe, dass dem nicht so ist und starre weiter in mein Spiegelbild. Lutz, jetzt lerne ich Dich also auch von innen kennen … Meine Güte, eine Schönheit bist Du nicht. Du siehst sogar ziemlich eklig aus, aber irgendwie bist – warst – Du ein Teil von mir.

Geschafft. Du bist raus, Lutz. Noch immer keine Schmerzen. Irgendwie toll. Ich habe alles mitangesehen, ohne etwas zu spüren. Als wäre ich gar nicht ich, sondern jemand Fremdes. Die Wunde wird genäht. Auch das schaue ich mir ganz genau an. Ich bin wie hypnotisiert! Ist gar nicht schlimm, ich merke auch davon rein gar nichts! Dann kriege ich ein Pflaster auf die Wunde – und einen Druckverband umgelegt.

Lutz, Du liegst auf dem Abstelltischchen neben mir und wirkst irgendwie verloren. Du tust mir leid, aber eine Trennung wird uns beiden sicher nicht schaden. „Ade, mein Freund“, sage ich laut zu Dir, und der Chirurg lacht mich aus.

Lieber ein Bild vom Raps – der Anblick ist entspannender …

Die Sache mit dem Haken

Der Sommer hält sich versteckt. Immer noch. Aus dem Sonnenbad auf der Terrasse wird auch heute nichts. Und so tut frau, was frau tun muss: Dinge erledigen.
Ich stehe im Handygeschäft in einer riesigen Schlange. Auch das noch. Gerade versucht der Verkäufer, seinem Kunden einen Handyvertrag aufzuschwatzen. „Was? So günstig?“, fragt dieser skeptisch. „Nein, das glaube ich nicht.“ Der Mann hat eine Glatze. Lediglich ein Kranz aus Haaren ziert sie. Er schüttelt den Kopf. „Nein, die Sache muss einen Haken haben.“

Einen Haken haben. Diese Phrase lasse ich mir – Sprachwissenschaftlerin, die ich nun einmal bin – wieder und wieder durch den Kopf gehen. Hat eine Sache einen Haken, damit man etwas oder sich selbst daran aufhängen kann? Ja, das erscheint nur logisch … „Zeigen Sie mir doch mal das Kleingedruckte“, sagt der Kunde und reißt mich aus meiner kleinen Grübelei.

Ja, das Kleingedruckte kann man schon mal übersehen, diese fiesen kleinen Regelungen bleiben auf den ersten Blick verborgen. Und genauso ist das beim Fischen …
Wie bitte? In Ordnung, hier die Aufklärung: Die Redewendung ist sehr alt und hat ihren Ursprung im Hochmittelalter (zirka 1050 bis 1350). Sehr wahrscheinlich ist sie auf das Angeln zurückzuführen: Ein Köder hängt am Ende der Angel, nämlich am Haken. Und der ist für den Fisch nicht sichtbar …

Mein Handy klingelt. Es ist der Liebste. Er fragt freiwillig, ob er heute Abend noch etwas für mich mitbringen soll. Fischfilet, sage ich. Darauf habe ich jetzt wirklich Appetit bekommen.

Stehen auch auf Fisch: Möwen an der Mole in Stralsund

 

 

Für Liebe und Gerechtigkeit

Bersenbrück. „Seid ihr bereit für drei Tage Liebe und Gerechtigkeit?“, ruft der Moderator von der Bühne. Tausende Reggae-Fans jubeln im Chor und reißen die Arme in die Höhe. Ein eindeutiges „Jaaa!“ erklingt.

Bunte Strickmützen, Bob-Marley-Shirts, Pluderhosen, so weit das Auge reicht: Es gibt kaum passende Worte für die großartige Stimmung, die hier herrscht. Geschlossene Augen, lächelnde Gesichter, fröhliche Erwachsene und Kinder. Es wird nicht gerempelt, es wird nicht geschubst, hier herrscht Frieden trotz der Menschenmassen. Es ist ein erstaunliches und berührendes Bild.

Der Geruch: eine Mischung aus Tabak, Räucherstäbchen und Grillfleisch. Überall tönt es „Rastafaaarai.“

Reggae Jam ist wieder einmal ein voller Erfolg: Von Freitag bis Sonntag tanzen, wippen und liegen lässig Massen von Reggae-Fans im Klostergarten in Bersenbrück. Die anderen laufen im Stadtpark herum oder feiern auf dem Campingplatz. Er liegt direkt an der Hase, in die man springen kann, wenn man eine Abkühlung braucht. Das Wetter spielt zumindest am Freitag mit, die Sonne scheint, und nicht ein Tropfen Regen fällt vom Himmel, trotz der schlechten Wetterprognose. Am Samstag regnet es, am Sonntag ist es bewölkt. Leider, doch das scheint die Besucher überhaupt nicht zu stören.

In der Kleinstadt Bersenbrück findet Europas beliebtestes Reggae-Festival statt. In Internetabstimmun-gen des Magazins Riddim landet es immer wieder auf Platz eins der Beliebtheitsskala.

Zahlreiche Künstler aus Jamaika sind angereist. Veranstalter Bernd Lagemann, der das Festival seit 1994 organisiert, fliegt eigens auf die Karibikinsel, um sie zu engagieren. Das ganze Wochenende stehen auf zwei großen Bühnen knapp 30 Musiker und Bands, darunter Bryan Art, Sister Nancy, Don Corleon, Utan Green, Frankie Paul. Luciano ist am Freitagabend auch wieder mit dabei und begeistert die Massen.

Besonders gut kommt Sänger Hawkeye an. Der Dance-Hall-Mann hat sich eine schöne junge Frau in Rot auf die Bühne gezogen. „Ist sie nicht wunderschön?“, brüllt er. Das Mädchen lächelt verlegen.

Der Sänger singt ihr ein Liebeslied, obwohl er sie nicht einmal kennt. Wieder jubeln die Fans. Einige Frauen haben die Hände ineinandergefaltet und schwärmen. Vielleicht würden sie jetzt auch gern dort oben auf der Bühne stehen – angehimmelt von Tausenden Menschen.

Mit einem besonderen und humorvollen Poetry Dub warten die vier Jungs von No-Maddz („Nomaden“) auf. Sie tragen coole Ray-Ban-Sonnenbrillen und uniformen Haarschnitt. Doch ansonsten legen sie keinen besonderen Wert auf Einheitlichkeit: Auf einen bestimmten Musikstil wollen sie sich nicht festlegen – und genau das kommt richtig gut an bei den Fans.

Höhepunkt des Festivals soll in der Nacht vom Samstag zum Sonntag eigentlich Ky-Mani Marley werden. Er ist einer der Söhne der Regae-Legende Bob Marley. Doch der Schauspieler und Musiker hat sich beim jüngsten Auftritt in Rimini am Knie verletzt und kann deshalb nicht teilnehmen. Eine große Enttäuschung für viele Besucher. Doch auch das kann die Stimmung nicht trügen. Es ist, als wäre gar nichts geschehen: Es gibt Lichtermeere aus Tausenden von Feuerzeugen, riesige Jamaika-Fahnen tauchen den Platz in ein Farbenmeer aus Rot, Gelb und Grün. Es ist ein gelungenes Festival, auf das die Veranstalter und alle freiwilligen Helfer wirklich stolz sein können.

Vielleicht braucht dieses Festival gar keinen Topstar wie Ky-Mani Marley. Es hat 30 Stars, die drei Tage lang ein mitreißendes Musikprogramm machen.

Und dann gibt es da noch das folgende Bild: Ein paar Jungs und Mädchen sind auf den großen Baum geklettert, der mitten im Klostergarten steht. Die lassen die Beine baumeln und wippen im Takt zum Reggae. Sie haben eine fantastische Sicht auf die Bühne. Sie nippen an ihrem Bier und lachen. Das ist der Sommer.

(c) Dieser Artikel ist am 8. August 2001 in der Neuen Osnabrücker Zeitung erschienen.

Spaß an Finanzen, Recht und Steuern

Quakenbrück. „Wir vom Finanzamt beißen nicht, auch wenn das viele glauben“, sagt der Vorsteher des Finanzamts Quakenbrück, Michael Wernke, und lacht. „Die Ausbildung bei uns ist spannend und interessant. Von den Verwaltungsausbildungen ist sie eine der besten, die man machen kann, weil sie so umfassend ist.“

Zu seiner Rechten sitzen zwei blonde, hübsche Mädchen: die neuen Auszubildenden beim Finanzamt Quakenbrück. Die beiden Finanzanwärterinnen für den gehobenen Dienst haben ein umfangreiches Auswahlverfahren hinter sich und sind stolz, dass sie es geschafft haben – als zwei von sechzig Bewerbern.

„Wir freuen uns, zwei solche Perlen im Boot zu haben“, sagt Michael Wernke. Am 1. August hatten Maria Priebe und Janina Wolter ihren ersten Arbeitstag im Finanzamt Quakenbrück.

„Es war sehr aufregend, jede Menge Informationen und Eindrücke prasselten auf uns ein. Es hat wirklich Spaß gemacht“, berichtet Janina. Die 19-jährige Kettenkamperin schmunzelt. „Am Nachmittag hatten wir dann unser Anwärtertreffen. Dort konnten wir Fragen stellen und haben viele Leute kennengelernt, mit denen wir auch in den kommenden Jahren zu tun haben werden.“ Kommilitonin Maria Priebe nickt. Sie ist ebenfalls 19 Jahre alt und kommt aus Kettenkamp. Die beiden Mädchen sind zusammen zur Grundschule gegangen, waren dann aber auf verschiedenen Gymnasien. „Jetzt kreuzen sich unsere Wege wieder.“

Wie kommt man eigentlich dazu, beim Finanzamt zu lernen? „Ich habe 2008 ein Praktikum hier gemacht. Es hat mir sehr gut gefallen, vor allem der Umgang der Kollegen miteinander und die vielen verschiedenen Aufgaben, bei denen man oft knobeln muss. Genau das mag ich“, sagt Janina. Ihre Augen leuchten.

Maria fügt hinzu: „Mein Interesse wurde durch ein Schulprojekt geweckt, das Duale Studiengänge vorgestellt hat. Ich habe mich viel über das Finanzamt informiert und mich entschieden, eine Ausbildung dort zu machen. Im Finanzamt hat man nämlich viele Möglichkeiten, es wird niemals langweilig. Die Gesetze ändern sich, man lernt immer dazu.“ Nach dem Studium dürfen sich die jungen Frauen dann Diplom-Finanzwirtinnen (Steuerakademie) nennen.

„Das Studium ist eine Kombination aus fachtheoretischen Studienabschnitten in der Steuerakademie in Rinteln und praktischen Abschnitten im Finanzamt“, erläutert Michael Wernke. „Der Vorteil gegenüber einem Studium an der Universität ist, dass man sein Wissen frühzeitig anwenden kann.“ Dies erleichtere den Einstieg ins Berufsleben.

„Die Chance übernommen zu werden, ist für beide Mädchen sehr hoch“, sagt Ausbildungsleiter Hans-Gerd Meier. Auch das sei ein Vorteil des Dualen Studiengangs, der dem Bachelor gleichgestellt ist. Ausbildungshauptsachbearbeiterin Simone Suijker ergänzt: „Die Einsatzmöglichkeiten beim Finanzamt sind vielfältig. Man kann sowohl im Innen- als auch im Außendienst arbeiten, bei der Betriebsprüfung oder Steuerfahndung mitwirken. Und lehren kann man natürlich auch.“

Für den Ausbildungsjahrgang August 2012 stehen dem Finanzamt Quakenbrück jeweils zwei Ausbildungsplätze für den mittleren und gehobenen Dienst zur Verfügung. Und welche Eigenschaften muss ein Bewerber erfüllen, wenn er ein duales Studium oder eine vergleichbare Ausbildung beim Finanzamt machen möchte? „Wichtig sind vor allem Teamfähigkeit, Talent zur Kommunikation, logisches Denkvermögen, Freude am Umgang mit Menschen und ein Blick für das Wesentliche“, erklärt Michael Wernke. Und genau diese Kriterien erfüllen Janina und Maria, die sich auf lehr- und erlebnisreiche Studienjahre freuen.

(c) Dieser Artikel ist am 5. August im Bersenbrücker Kreisblatt (Neue Osnabrücker Zeitung) erschienen.

Eine Schönheit in Schwarz, Rot und Gold

BERGE. „Einmal in unserem Leben wollten wir etwas völlig Verrücktes tun“, erzählt Karin Schad und lächelt. Ein schelmischer Ausdruck huscht über ihr Gesicht, als sie ergänzt: „Dann haben wir unsere Lizzy gekauft.“ Und die ist eine wahre Schönheit in Schwarz, Rot und Gold. Lizzy ist ein Ford T.

„Der Wagen ist wesentlich älter als ich“, sagt Klaus Schad und lacht. „98 Jahre hat er jetzt auf dem Buckel.“ Der 71-Jährige und seine Frau fahren bei schönem Wetter öfter mal mit dem Oldtimer aus – zum Einkaufen, Essen oder Eisschlecken. „Er ist schon ein Blickfang, und so mancher fotografiert ihn auf der Straße, wenn wir vorbeifahren“, sagt Klaus Schad stolz.

Im Jahr 1908 stellt Henry Ford das legendäre Automobil auf die Räder. Als erster US-amerikanischer Volkswagen leitet der Ford Model T die Massenmotorisierung ein. Das Auto ist wahrer Verkaufshit und erhält sogar einen Kosenamen: Tin Lizzy, die „Blech-Lissie“, sozusagen. Bis ins Jahr 1927 werden mehr als 15 Millionen Exemplare hergestellt. Das ist Weltrekord, den erst der VW Käfer nach dem Zweiten Weltkrieg überrunden kann. Als sich die Leute jedoch im Laufe der Zeit nach eleganteren und moderneren Autos zu sehnen beginnen, wird die Produktion eingestellt.

Dann erzählt das Ehepaar, wie es an das Schnauferl gekommen ist. „Wir haben ihn 2005 in Kalifornien gesehen und uns sofort in ihn verliebt“, schwärmt Klaus Schad. Er holt das türkisfarbene Auto Anfang 2006 nach Deutschland, lackiert es rot um, nimmt ein paar Reparaturen vor. „Es gab da noch so einiges zu tun“, erklärt Karin Schad.

Dann dreht ihr Ehemann mit der Reporterin eine kleine Runde mit dem Gefährt: Gas gibt er mit der Hand, schalten tut er mit dem Fuß – verkehrte Welt, an die man sich erst einmal gewöhnen muss, so Klaus Schad. „Das ist eine Wissenschaft für sich. Und man braucht ganz schön viel Armkraft“, sagt das Vorstandsmitglied des Oldtimer-Veteranenclubs Artland.

Am Sonntag, 7. August, wird Klaus Schad seinen Liebling beim Oldtimertreffen des Clubs in Badbergen vorstellen.

(c) Der Text ist am 1. August 2011 im Bersenbrücker Kreisblatt erschienen.