Archiv der Kategorie: Gedanken

Robojournalist im Anmarsch

Journalistenkollegen aufgepasst! Sicher habt ihr es schon gehört oder gelesen. Na klar, ihr seid ja Journalisten. Hören, sehen, riechen, fühlen, schmecken, lesen, staunen und schreiben … Immerhin ist das euer Metier.

Dann wisst ihr es also vermutlich schon: Demnächst schreiben oder tippen nicht mehr wir selbst (nämlich manuell), sondern die Computer selbst (richtig, nämlich automatisch) die Artikel.

Was? Ihr habt doch noch nicht davon gehört?

Et voilà, ich werde endlich mal etwas konkreter: Der „Robojournalist“ ist im Anmarsch – und mit ihm das so genannte Stats Monkey System. Im Jahr 2009 ist es an einer Universität in den USA entstanden. Informatikstudenten hatten damals von ihrem Professor die Aufgabe erhalten, eine Software zu entwickeln, die rohe, von Menschenhand verfassste Textbausteine in ganze und vor allem schlüssige Erzählungen verwandelt. Die Journalisten lieferten also die Textfragmente, die fleißigen Techniker tüftelten und bastelten.

Es funktioniert – und das immer besser: Mehr und mehr Artikel werden jetzt nach diesem System verfasst. 2011 waren es noch 400.000 weltweit, in diesem Jahr sollen es bereits 1,5 Millionen werden.

‚Was soll nur aus uns werden?‘, fragt sich da die Journalistin, die übrigens noch immer davon überzeugt ist (oder es so ganz unbedingt sein will), dass Maschinen niemals menschliche Emotionen werden erzeugen können. (Fragt sich nur, wie lange sie noch daran glauben kann …)

Ach ja. Die gute, alte Recherche. Wie lange wird es sie wohl noch geben?

Leben und Sterben

Ein „Tabuthema“ … Ich möchte gerne mit euch über ein Tabuthema diskutieren: den Tod. Tabu – noch immer? Das ist es sicher, was ihr euch jetzt gerade fragt. Doch tatsächlich ist es noch immer so, dass dieses Thema von unserer modernen Gesellschaft ausgeklammert, oft regelrecht verdrängt wird. Und warum? Weil wir die Gabe haben, uns in unsere Gedanken und Ängste hineinzusteigern? Warum erscheint der Tod in der Tierwelt soviel natürlicher und soviel … „einfacher“?

Doch ist es nun einmal so, dass wir alle – früher oder mit Glück sehr viel später – einmal sterben müssen. Denn wie heißt es so schön: Der Tod gehört zum Leben. Und spätestens, wenn einer unserer Angehörigen stirbt, sehen wir uns mit dem Tod unmittelbar konfrontiert – oft schon als Kind.

Aber vielleicht ist das ja auch in Ordnung so, denn dann lernen wir im besten Fall, uns eine Art Strategie zu überlegen mit Hilfe der wir akzeptieren, dass der Tod unser natürlicher Begleiter ist. Und das mit jeder Sekunde unserer Existenz … Ist das so oder ist Verdrängen doch besser?

Mich interessieren eure Gedanken und Gefühle zu diesem Thema … zum Sterben, zum Tod – und wie ihr damit umgeht. Glaubt ihr an ein Leben nach dem Tod? Glaubt ihr an ewige Energie oder an eine Art Nirvana? Oder kommt danach einfach nichts? Vielleicht müssen wir ja gar keine Angst vor dem Tod haben … ?

Auch die Sonne des Lebens geht einmal unter …

 

Leichen im Keller

Also, ich bin ja der Meinung, dass jeder Politiker so seine Leichen im Keller hat – nicht nur der böse Wulff. Ich frage mich nur, wieso man das so sagt: Leichen im Keller haben. Das klingt doch ganz schön gruselig, und vorstellen möchte man sich so etwas auch nicht bildlich.

Natürlich habe ich recherchiert und bin dem Gebrauch dieser Redewendung auf den Grund gegangen:  Jemand, der eine Leiche im Keller hat, hat etwas zu verbergen oder trägt eine Schuld mit sich herum – soviel ist schonmal klar. Und woher stammt der Spruch nun? Früher durften Menschen ungetaufte Verstorbene nicht beerdigen lassen – zumindest nicht auf katholischen Friedhöfen. Was tat man nun aber, wenn beispielsweise kleine Kinder verstarben, die noch ohne den „feuchten Segen Gottes“ waren? Man ließ sie im Elternhaus – oft im Keller – weil hier selten jemand hereinkam und weil die Körper (so grausam das klingen mag) sich hier besser zersetzen konnten.

Wie gut, dass man diese Redewendung heute tatsächlich nur noch sprichwörtlich verwendet – und der Herr Wulff ganz bestimmt keine echten Kadaver in seinem Keller beherbergt … 😉

Im  Stasi-Museum Berlin-Hohenschönhausen

 

Auf ein Neues …

Liebe Leser!

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Der Wecker klingelt, 2012 ist angebrochen. Zunächst einmal wünsche ich allen ein glückliches, aufregendes und gesundes Jahr!

Nach drei Wochen sitze ich wieder an meinem geliebten Schreibtisch. Ein schönes Gefühl ist das, wieder zu Hause zu sein. Und doch bin ich seltsam melancholisch. So wie immer, wenn ich etwas hinter mir lasse – das Jahr 2011 oder eben eine Reise. Ich hänge den jüngsten Erinnerungen nach, denen an das Land des Lächelns.

Noch am Morgen des 30. Dezembers 2011 stehe ich in roten Flip-Flops an einem fernen Thailändischen Strand. Longtail-Boote tuckern auf dem Wasser, drahtige Thais schleppen Anglerzubehör umher. Es ist sieben Uhr am Morgen. Abschied nehmen ist angesagt – vom Meer, von Ebbe und Flut, von Tom Ka Ga und den wohl freundlichsten Menschen der Welt. Es sind gemischte Gefühle, die ich habe. Traurig bin ich aber nicht, denn ganz sicher werde ich wiederkommen. Es gibt noch so wahnsinnig viel zu entdecken … Meine Eindrücke und Erlebnisse werde ich natürlich wieder mit euch teilen. Fotos wird es auch zu sehen geben. Habt noch ein wenig Geduld, ich muss erst einmal ankommen und Luft holen.

Herzlich,
Coralita

Glücksmoment – gesehen irgendwo in Thailand.

Ein glücklicher Tag

Kürzlich ist mein neues Buch „Glückssache“ im polamedia Verlag erschienen. Die wieder einmal sehr bunte Anthologie umfasst Essays, Kurzgeschichten und Gedichte sowie Fotografien der schönsten, melancholischsten und glücklichsten Art. Einige trainieren auch die Lachmuskulatur – und das nicht zu knapp! Und so manche lassen auch ein Tränchen sprießen … Meine Geschichte – Ein glücklicher Tag – möchte ich hier mit euch teilen – natürlich nicht ohne den Hinweis, dass ihr das Buch auch kaufen könnt, nämlich HIER. Vielleicht sucht ihr ja noch ein Weihnachtsgeschenk. Danke für eure Aufmerksamkeit! 🙂

Das Cover zum Buch „Glückssache“ – Klick auf das Bild öffnet Verkaufslink

Ein glücklicher Tag

Der Wecker schrillt. Es ist sieben Uhr dreißig. Und wieder ist ein neuer Tag angebrochen. Das geht so schnell. Viel zu schnell, wenn man mich fragt. Tut man wohl aber nicht. Und selbst wenn: Es würde ja doch nichts ändern. Ich könnte mich auf den Kopf stellen oder sonst etwas tun. Einen kurzen Moment denke ich darüber nach, den Wecker an die Wand zu werfen, damit er mich niemals wieder so unsanft weckt. Ich höre schon das Scheppern. Sehr wahrscheinlich aber würde ich mir damit nur ein Eigentor schießen, denn irgendwer muss schließlich den ganzen Schrott wieder einsammeln und wegwerfen. Und das würde dann wohl ich sein. Also, wie auch immer: Augen zu und durch. Die Bettdecke zurückgeschlagen – und brrr, prompt wieder eingekuschelt. Mann, ist das kalt da draußen! Und noch so ungemütlich dunkel. Herbst eben. Eigentlich ist das gar keine Zeit, um aus dem Bett zu steigen. Ich suche nach weiteren Ausreden, murre, um dann doch meinen inneren Schweinehund zu überwinden und aufzustehen.

So arbeite ich denn von früh bis spät, bin viel unterwegs. Habe hier ein Gespräch, dort einen Termin. Und ein Pressefoto muss ich auch machen. Und schon ist es Mittag. Zwischen zwei Terminen geht es schnell nach Hause. Ein bisschen ausruhen, danach zwei oder drei Artikel schreiben. Und ein paar andere Geschichten liegen auch noch in der „Pipeline“. Aber: Arbeit muss sein, zum Glück macht sie mir Spaß. Und also schreibe ich, als gäbe es kein Morgen! Natürlich stimmt das nicht immer. Gerade zum Beispiel schreibe ich ein Wort ganze drei Mal hintereinander – aus Versehen natürlich – und fluche leise vor mich hin. Wo bleibt die Konzentration? Wohl immer noch nicht ganz wach. Gähnen. Tatsache.
Keine Lust auf Mittagessen. Hunger habe ich aber. Hastig stopfe ich mir eine Scheibe Vollkornbrot mit Käse in den Mund, etwas Ketchup drauf. Lecker. Und noch eine Stulle. Hab ich wohl doch Lust. Ich nippe am heißen Kaffee. Verbrenne mir die Lippen. Mist! Schreibe weiter. Noch ein Wort, noch eine Phrase – mühsam nährt sich die Journalistin. Grinse triumphierend und setze mich aufrecht hin: Hahaa, Artikel eins ist fertig, der zweite folgt auf dem Fuße. Ja! Geschafft! Dann schaffe ich bestimmt auch noch einen dritten heute! Na, wollen mal nicht übertreiben, immerhin wartet noch ein Buch darauf, lektoriert zu werden. Blick aus dem Fenster des Arbeitszimmers. Dort draußen in einem großzügigen Gehege lebt unser Hausrehbock Heinrich. Die Vermieter kümmern sich um ihn, seit seine Mutter im Frühjahr von einem Auto überfahren wurde. Sie haben ein großes Herz. Heinrich galoppiert staunend herum: Jede Menge Bäume, viel Platz, noch sattes Grün – zumindest bis zum Winter. Dann wird er sicher eine Krippe bekommen. Winterromantik baut sich in meinem Kopf auf. Ich sehe Lichterketten und einen Kamin vor mir, trage bequeme Kuschelsocken und gehe im Schnee spazieren … Oh Gott, ich glaube, ich brauche schon wieder eine Pause. Anscheinend funktioniert mein Hirn nicht richtig.

Vierzehn Uhr. Neuer Kaffee, neues Glück: Ich habe Lust auf eine Reportage über Indien. Über einen Tag im chaotischen und lauten Delhi, über die Zeit, die dort nie stillzustehen scheint und überhaupt ganz relativ ist. Ich fühle mich zurückversetzt in meine Reise: einen Monat Nordindien. Vieles habe ich gesehen: fremde Menschen und ihr Leben, die stolzen Sikh mit ihren wunderschönen, farbenfrohen Turbanen, unzählige Tempel, das Riesenmausoleum Taj Mahal, den Himalaya … Das ist erst einige Wochen her, aber es ist noch ganz präsent in meinem Kopf … Ich beginne zu träumen und schlafe fast ein. Das Fenster muss auf, frische Herbstluft rein. Aaaah, tut das gut. Das nenne ich mal Sauerstoff! Diese Luft gibt es nicht in Indien. Und auch nicht in Mexiko oder Afrika … Ja, zu Hause ist es wohl doch am schönsten.

Es ist nach achtzehn Uhr. Eigentlich müsste ich mich noch an das Buch wagen … Oh. Der Süße kommt nach Hause. Ich springe auf und renne ihm entgegen. Ein bisschen müde sieht er aus. Ein harter Tag? Er nickt. Gut, ich mache auch Feierabend. Wir kuscheln uns ein bisschen aneinander, reden über unseren Tag getrennt voneinander, aber in Gedanken doch nah beieinander.
Achtzehn Uhr dreißig: Es wird langsam dunkel hier auf dem Land. Der Liebste und ich gehen joggen – an einem Fluss entlang, der sich liebevoll „Hase“ nennt – und bis zu einem Ort, der Quakenbrück heißt. Sein Wahrzeichen: ein Frosch. Ich muss laut lachen. Zuvor haben wir lange in Berlin gelebt, dies hier ist jetzt unsere neue Heimat … Schön ist sie, die Landschaft, und eigentlich hat sie eine Hommage in Literaturform verdient. In Gedanken produziere ich einen Bildband … Eine Stunde laufen wir, dann geht es zurück nach Hause.

Fast zwanzig Uhr. Wir kochen uns etwas Schönes: ein Steak mit grünen Bohnen. Wir reden und lassen noch einmal den Tag Revue passieren.
Einundzwanzig Uhr: Ich schnappe mir ein Buch, den neuen und total spannenden Jussi Adler-Olsen. Mit dem dänischen Thriller marschiere ich ins Badezimmer, lasse die Wanne volllaufen, zünde mir Kerzen an. Ich tauche in das heiße, nach Fichtennadeln duftende Wasser ein. Nichts geht über ein Gesundheitsbad! Auf dem Hocker neben der Wanne steht ein Glas Rioja. Der Liebste schaut im Wohnzimmer ein Fußballspiel mit seiner Lieblingsmannschaft. Plötzlich jubelt er. Da ist wohl gerade ein Tor gefallen! In meinem Buch geht es ans Eingemachte! Ich versinke bis über beiden Ohren im Wasser und ziehe entsetzt die Augenbrauen hoch. Mann, ist das spannend! Ich erschrecke mich total, als der Süße mit seinem Bier ins Bad kommt, um mit mir anzustoßen. Wasser spritzt umher, er wird nass, wir lachen. Dreiundzwanzig Uhr fünfzehn: Wir gehen ins Bett, kuscheln uns in die bunte Bieberbettwäsche ein, lesen noch ein bisschen. Der Liebste verschlingt die Seiten eines Buchs von Frederic Forsyth. Er sieht so konzentriert, richtig sexy dabei aus. Ich grinse und denke nach über das, was ich hier gerade vor meiner Nase habe: reines Glück. Ich möchte nichts verändern an meinem Leben. Es ist wunderschön so, wie es gerade ist. Ich brauche nicht weiter über das Glück nachzudenken, weil es direkt neben mir liegt.